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Beobachtungstipp April 2023

„Was ist denn das weiteste Objekt, das ihr in eurem Teleskop sehen könnt?“

… Da war sie wieder, diese Frage. Mit dem bloßen Auge kann man den Andromeda-Nebel in einer Distanz von 2,6 Millionen Lichtjahren erspähen. Aber das Teleskop ermöglicht einen tieferen Blick. Der Quasar Q3C273 in über 2 Milliarden Lichtjahren Distanz kann noch im 8“-Teleskop als Sternchen 13.Größe gesehen werden. Damit erreicht das Teleskop ein Objekt, dass tausend Mal weiter entfernt ist, als der Andromedanebel. Das lichtschwache Pünktlein wird niemanden vom Hocker hauen, der sich mit der Astronomie nicht beschäftigt hat. Der Quasar ist aber dennoch eines der erstaunlichsten Objekte im Amateurteleskop.

Ende der 1950er Jahre wurde der 3 Cambrigde Katalog von Radioquellen am Himmel veröffentlicht. Die junge Disziplin der Radioastronomie zeigte erste Früchte. Der britische Astronom Sir Martin Ryle, der an diesem Projekt beteiligt war, entdeckte auch die Radioquelle 3C273 im Sternbild der Jungfrau. Die Radioquelle war unter den 10 stärksten Radioquellen des Himmels, wobei ein Handy auf dem Mond bereits nach Sonne und Jupiter die stärkste Radioquelle am Himmel wäre.

Die Radioquelle 3C273 steht der Ekliptik sehr nahe und es ist ein Glücksfall, dass sie gelegentlich vom Mond bedeckt wird und dann vom Himmel verschwindet. Die Auflösung der Radioteleskope war damals noch sehr bescheiden und es war fast unmöglich, die Position einer Radioquelle am Himmel genau zu bestimmen. Die Bedeckung durch den Mond schaltete die Radioquelle sofort ab. So war es möglich das optische Pendant zu 3C273 zu entdecken. Der niederländische Astronom Maarten Schmidt untersuchte das Spektrum des Objektes und entdeckte gleich damit eine neue Klasse astronomischer Objekte: Quasistellare Radioquellen… kurz Quasare .

Das von ihm aufgenommene Spektrum im Jahr 1963 zeigte eine Verschiebung der Spektrallinien ins Rote von 0,158. Das bedeutet , dass die Hα-Linie des Wasserstoffs nicht bei einer Wellenlänge von 656 nm zu finden ist, sondern dass sie bei 760 nm auftaucht, also in den roten Bereich des Spektrums verschoben wurde.

In den 1960er Jahren war die Bedeutung der Rotverschiebung noch nicht ganz klar. Das heutige kosmologische Modell des expandierenden Universums stand noch den Steady State-Modellen entgegen, obwohl die Rotverschiebung des Lichtes ferner Objekte nach dem Hubble-Gesetz durchaus bekannt war. Daher kristallisierten sich erst nach und nach die Eigenschaften des Quasars 3C273 heraus. Eng verbunden mit der Quasarforschung blieb der Name Maarten Schmidt, der im September 2022 verstorben ist .

Die Rotverschiebung des Quasars von z= 0,158 legt eine Fluchtgeschwindigkeit von etwa 47500 km/s nahe. Mit der Hubblekonstanten von 70km/s pro MPC liefert uns der Quasar sein Licht aus einer Entfernung von 2,2 Milliarden Lichtjahren. Er erscheint etwas größer, weil er uns vor 2,2 Milliarden Jahren noch etwas näher stand, also etwa 1,8 Milliarden Lichtjahre. Das erscheint keinen großen Unterschied zu machen, zeigt uns aber die verblüffenden Effekte , die mit einem expandierenden Universum einher gehen . Die Distanz zu einem fernen Objekt ist nicht eindeutig. Man muss schon abgeben, ob man die aktuelle Distanz angibt oder die Distanz, die sich aus der Lichtlaufzeit ergibt oder die Distanz, die das Objekt hatte, als es das gerade empfangene Licht ausgesendet hat.

Wie dem auch sei. Ein Objekt, das aus dieser enormen Distanz noch im Amateurteleskop zu sehen ist, muss eine gewaltige Leuchtkraft besitzen. Die Quasare , mittlerweile sind über 1,6 Millionen von ihnen bekannt, müssen enorme Energiemonster sein. Der Quasar 3C2373 hat die Leuchtkraft von 4,1 Billionen Sonnen. Seine absolute Helligkeit ist -27,5 mag . Wäre er nur so weit entfernt, wie die Vega, so wäre er hell wie die Sonne. Woher bezieht ein Objekt diese gigantische Energie ? Die Antwort ist und da will ich die Leser nicht weiter auf die Folter spannen…die Antwort ist ein AGN.

Ein AGN, ein aktiver galaktischer Kern. In den Zentren der meisten Milchstraßen finden sich mehr oder weniger große Schwarze Löcher. Das sind massereiche Objekte , deren Fluchtgeschwindigkeit auf der Oberfläche, wenn man von Oberfläche sprechen kann, die Lichtgeschwindigkeit überschreitet. Das bedeutet, dass wir keine Informationen von diesen Objekten direkt sammeln können, weil sie schwarz sind. Gerät Materie in die Nähe eines Schwarzen Lochs und kann sich der gravitativen Anziehung nicht widersetzen so stürzt sie in den kosmischen Abgrund. Wie in einen Trichter geschieht das spiralförmig und es bildet sich eine sogenannte Akkretionsscheibe. Das akkretierende Material gibt während des Sturzes in das Loch eine große Menge Energie ab und der Bereich um das Schwarze Loch , um den sogenannten Ereignishorizont, erstrahlt hell . Wir haben einen aktiven galaktischen Kern vor uns, ein AGN. Quasare sind also Galaxienkerne in weiter Ferne, die im Zentrum ein aktives Schwarzes Loch besitzen, welches gerade Material vereinnahmt. Bei den Quasaren sind diese schwarzen Löcher allerdings sehr massereich. Neue Messungen aus dem Jahr 2019 ergaben ließen auf eine Masse des Schwarzen Lochs von 6 Milliarden Sonnenmassen schließen. Unsere Milchstraße hat zwar ebenfalls ein Schwarzes Loch von immerhin 3 Millionen Sonnenmassen , aber es ist ein ruhiger Artgenosse, der zur Zeit eine Hungerphase durchmacht. Das ist gut für uns. Ein AGN ist alles andere als förderlich für jegliche Lebensformen in der Nähe. Wir können also annehmen, dass das Milchstraßenzentrum ein verhältnismäßig ruhiger Ort ist.

Die Muttergalaxie PGC 41121 wird vom hellen Galaxienkern überstrahlt. Das Hubble-Teleskop konnte sie sichtbar machen indem sie den hellen Galaxienkern, der sternartig erscheint, ausblendet.

Die Suche nach Q 3C2373 ist nicht ganz leicht. Eine gute Sternkarte ist da sehr hilfreich. Selbst in GOTO-Geräten sollte man sich mittels Sternkarte orientieren, weil der Quasar leicht mit Umgebungssternen verwechselt werden kann.

Auch wenn am Ende nur ein schwacher Lichtpunkt zu sehen ist, ein Gruß aus dieser kosmischen Tiefe ist etwas ganz besonderes, den nur wenige Menschen auf dem Globus erleben konnten.

Bis dahin,
Clear Skies
Christian

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