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Sternwartenprogramm im Juni 2024

Wenn die Sonne abends untergeht und die Dämmerung hereinbricht,  erscheinen mit zunehmender Dunkelheit die ersten Sterne am Himmel. Genau genommen sind  sie immer da und die hellsten unter ihnen können sogar tagsüber gesichtet werden. Im Juni sind es die beiden Sterne Vega und Arkturus, die sich zuerst gegen den tiefblauen Himmel durchsetzen können. Die Sterne Atair und Deneb folgen ihnen bald. Der Stern Arkturus ist der hellste der auftretenden Sterne. Die weiße Vega ist nur etwas lichtschwächer, so dass es schwierig zu entscheiden ist, welcher Stern als erstes zu erspähen wäre. Arkturus befindet sich am helleren Westhimmel, während die Vega hoch im Zenit zu suchen ist. Dieser Premiumplatz kann den entscheidenden Vorteil bringen. Weiterer Faktor ist das Wetter. Bei sehr transparentem  Himmel kann sich der Arkturus doch durchsetzen. In der Regel ist es aber so, dass beide Sterne fast zeitgleich entdeckt werden können. Der orangeschimmernde Arkturus  ist 37 Lichtjahre entfernt und ein Roter Riesenstern mit dem 25fachen Durchmesser der Sonne. Er gilt als hellster Stern des Nordhimmels und als vierthellster Stern überhaupt, nach Sonne, Sirius und Canopus. Vega ist nur wenig schwächer und nimmt den Platz sechs ein. Sein weißes Licht ist 25 Jahre zu uns unterwegs. Sie ist ein blauer Hauptreihenstern, dessen Durchmesser die Sonne um das 2,7fache übertrifft.  Weiß man genau, wo die Sterne am Tage zu finden sind, können sie mit dem Teleskop oder sogar mit einem Fernglas gesehen werden. Der Planet Venus ist sogar ohne Hilfsmittel am Tage zu erkennen.  Die Suche ist aber dennoch nicht einfach, weil der Blick ins Blaue das Scharfstellen der Augen erschwert.  Leichter ist es , mit den Sternfreunden an der Josef Bresser-Sternwarte einen Blick in den Himmel zu werfen.  Möglich ist ein Blick durchs Teleskop am 7. Juni  ab 22:30 Uhr. Bei bewölktem Himmel fällt die Beobachtung leider aus.

Ab dem 7. Juni finden Wartungsarbeiten an der Sternwarte statt, so dass der gewohnte Donnerstagstermin ausfallen muss.

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Das Polarlicht am 10/11. Mai 2024

Ja, ich bin Polarlichtsüchtig und nein – ich bin nicht einsichtig. Seit ich vor fast 25 Jahren zum ersten Mal das magische Himmelsleuchten sehen konnte, verfolge ich es und es mich . Schon damals besuchte ich die einschlägigen Webseiten und meldete mich als Benutzer im polarlichtlastigen Meteoros-Forum an.   Zu meiner Entlastung kann ich sagen, dass die meisten Benutzer, die dort früher schon aktiv waren, immer noch dabei sind und dass es viele Neuinfizierte gibt (Bitte keine Meldung ans RKI). Symptome sind das häufige Aufrufen von Wetterseiten und das Checken von Sonnenwinddaten , ebenso das Äugeln auf den Urlaubsplan und Unruhe zu bestimmten Zeiten, wenn die Bedingungen für Polarlicht gut sind .Ich kann Partnern von Polarlichtsüchtigen  nur raten, den Betroffenen größten Freiraum zu geben. Er wird es ihnen danken. Gefährlich ist es nicht,denn außer Augenringe und müde Tage gibt es keine Nebenwirkungen. Es gibt keinen Grund zur Therapie  Aber das will ich gar nicht erzählen.  Am 8.Mai 2024 um 7 Uhr morgens kam es zu einer Explosion auf der Sonne. Ok, wir haben erst 8 Minuten später davon erfahren. Es sollte eine sehr starke Explosion sein, ein sogenannter  X 1.0-Flare.  Dieser wurde von einem heftigen Koronalen Massenauswurf (kurz CME für das englische Coronal Mass Ejection) begleitet. Der Ursprungsort war der Sonnenfleck AR3364, der zentral auf der Sonnenoberfläche zu finden war. Der große Sonnenfleck  produzierte in den nächsten Stunden noch weitere Ausbrüche, die  mindestens drei weitere CMEs  ausblasen sollten. Am Ende gab es noch einen X5.0-Flare, der nochmalig 5 mal stärker war, als der eingangs erwähnte X1.0-Flare.

Am Morgen des  10. Mai ging die Sonne rot über Reken auf, als ich mit dem Rad zur Arbeit fuhr. Deutlich war der große Sonnefleck zu erkennen, der am gleichen Abend die Sucht der Polarlichtfreunde bedienen sollte.  Die Experten kündigten für die zweite Nachthälfte  das Eintreffen der ersten Partikelwolke der Sonne an. So gab es eine Polarlichtwarnung für einen G3 bis G4-Sonnensturm vom 11.05 bis zum 13.05.24. Aber der Amateur weiß, eine Warnung ist nur eine  Warnung. Und im richtigen Leben ist alles anders.  In der Vergangenheit traten Polarlichter auf, wenn niemand damit rechnete. Dann wurden die größten Events prognostiziert und nichts passiert. Die Teilchenwolke hatte schlichtweg  die Erde verfehlt. Auch soll es vorgekommen sein, dass sich zwei unterschiedlich schnelle Wolken gegenseitig auslöschten… Pech gehabt.  Aber dieses Mal war es anders. Um 18:38 Uhr MESZ traf eine Schockwelle auf den ACE-Satelliten, der 1,5 Millionen Kilometer vor der Erde geparkt ist. Mit 700 km/s trafen einige Minuten später die solaren Partikel auf das Magnetfeld der Erde und lösten schwere Störungen aus.  In Borken war es aber noch taghell. Die Sonne sollte erst um 21:13 Uhr untergehen. Ausreichend dunkel für Polarlicht wird es erst nach 22 Uhr. Zeit genug,  um ohne Hektik das Auto mit der Fotoausrüstung  zu bepacken. Vielleicht  noch die Akkus laden, bevor es losgeht, warm anziehen, Getränke einladen. Und ganz wichtig, einen Beobachtungsplatz finden. Normalerweise würde ich zur Sternwarte fahren. Aber leider haben einige Nachbarn der Sternwarte in Richtung Norden ihre Beleuchtung ordentlich aufgerüstet und eine Gärtnerei im Norden sorgt regelmäßig für einen hellen Nordhimmel. Zudem ist der Verkehr an der Sternwarte an solchen Abenden nicht zu verachten. Ich plante eine Beobachtung in Heiden und fuhr dann auch zeitig los. Bei der Inspektion der Lokation gefiel mir eine nahe Hauptstraße nicht, die unweigerlich mit aufs Bild geraten würde. Das ging nicht…Standortwechsel. Gelandet bin ich dann auf einem Wirtschaftsweg am Östricker Berg in Heiden. Es sah gut aus, dunkel, kaum Verkehr, ein Waldstück im Norden, ein einsamer Baum im Westen. Hier konnte ich bleiben.

Blitzschnell waren zwei Stative mit Kameras aufgestellt. Eine weitere Kamera und das Smartphone waren ebenfalls einsatzbereit. Zudem konnte ich auf die Überwachungskamera an der Sternwarte zugreifen. Der Liegestuhl wurde auch ausgepackt. Um 22:25 Uhr kam es zur ersten Fotoaufnahme. Zusehen war ein helles Polarlicht. An der Sternwarte war es ebenfalls zu sehen. Nun wurde ich etwas beweglicher. Ein Polarlichtsüchtiger kann Multitasking, wenn es darauf ankommt. Die Hauptkamera wurde positioniert und machte ab dann alle 30 Sekunden eine Einzelaufnahme. Die anderen beiden Kameras wurden flexibel in interessante Richtungen gehalten. Und geguckt wurde auch noch. Das Polarlicht begann mit roten Flächen, später war der Himmel im Norden grün. In mehreren Wellen kam es dann zu richtigen Ausbrüchen des Polarlichts. Strahlen waren bis in den Zenit zu sehen. Selbst im Süden war das Polarlicht zu sehen.

 Es kam immer wieder zu kleinen Pausen und dann lebte das Polarlicht wieder auf. Erst war es mehrheitlich rot, dann flächig grün. Später war es sehr violett. Das Bildfeld meiner Kameras reichte nicht aus, um die Größe des Polarlichts zu erfassen. Damit hatte ich nicht gerechnet. Aber superschön !!! Auch wenn man dort auf dem Östricker Berg sehr alleine ist,  war ich doch dank des mobilen Telefons mit der ganzen Welt in Kontakt. So erfuhr ich von den Beobachtungen bekannter und unbekannter Leidensgenossen. Das war vor 20 Jahren noch nicht so. Die Polarlichtseite versorgte mich mit Echtzeitdaten der relevanten Messgeräte. Seien es die Daten des aktuellen Sonnenwinds oder auch die Daten des irdischen Magnetfelds, welches ordentlich zappelte. Es reichte letztendlich für KP9 und einen G5-Sturm. Welche Wirkung ein solches Ereignis auf einen  Polarlichtsüchtigen hat, kann man sich denken.  Kurz vor vier, etwas Müde nach einem  23-Stunden-Tag , packte ich in der Morgendämmerung zusammen. Eine letzte Probeaufnahme vor dem „Zubettegehen“ vor der Haustüre. Immer noch war das helle Polarlicht zusehen. Später sollte ich noch einige Polarlichtbilder einer Freundin aus Neuseeland zusehen bekommen, die wenige Stunden später die Dunkelheit genießen konnte. Einige Stunden Schlaf folgten….

Wie würde es weiter gehen ? Geht es weiter ?  So waren die Gedanken des Samstags. Der Himmel sollte klar bleiben und die Aktivität blieb hoch.  Abends meldete sich Ralf, der gerne mitkommen wollte. Unvergessen waren die tollen gemeinsamen Polarlichtnächte im Februar 2015 auf der Vulkaninsel  Island. Unvergessen aber auch das unfassbar schlechte Wetter, welches einen dort im Winter ereilen kann. Aber heute war Mai und es war mindestens 25°C warm.

 Ich wollte keine Experimente mache und schlug den gleichen Beobachtungsplatz vor, den ich abends zuvor eingenommen hatte. Leider entwickelten sich die Werte des Sonnenwinds eher schlechter, dass eine spektakuläre Show wohl nicht mehr zu erwarten war.  Wieder war es gegen 22 Uhr, als wir auf dem Östricker Berg die Kameras starteten.  Und tatsächlich war Polarlicht zu sehen. Das Magnetfeld der Erde hatte sich trotz nachlassender Aktivität noch nicht erholt. Auch der Livestream der Sternwartenkamera zeigte Polarlicht und man nahm einige Beobachter an der Sternwarte war. Unter normalen Bedingungen wäre ich mit der Ausbeute sehr glücklich gewesen. Aber die Eindrücke der  vorherigen Nacht  machten anspruchsvoll.  Man muss wieder etwas runterkommen.  Das wird unweigerlich in den nächsten Wochen passieren. Als Mitteleuropäischer Polarlichtsüchtiger ist man nämlich keineswegs anspruchsvoll. Helles Polarlicht ist selten, vielleicht nur alle 20 Jahre mal zusehen, Regen und Wolken sind häufig.  Deswegen sind die gesundheitlichen Risiken überschaubar. Gegen 1 Uhr war ich bereits an jenem Sonntagmorgen wieder zu Hause. Allerdings fehlte mir auch Schlaf. Die Vernunft siegte einmal…. Aber  nur einmal .

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Mai 2024: Der rundeste Stern der Milchstraße

KIC 1114523 ist das rundeste Objekt im Weltall. Zumindest ist es das rundeste Objekt, das die Astronomen bisher entdeckt haben.  KIC11145123 ist ein „gewöhnlicher“ Blauer Riesenstern, der 4000 Lichtjahre entfernt ist. Er gehört zu den Veränderlichen Sternen  des Delta Scuti-Typs und… er besitzt mindestens einen Planeten. Ein ganz gewöhnlicher Stern ist er dann wohl nicht. Blaue Riesensterne sind in der Milchstraße eher rar.  Es  ist daher schon erstaunlich, dass dieser Stern fast eine perfekte Kugel darstellt. Sein Durchmesser von 3 Millionen Kilometer ist doppelt so groß, wie der unserer Sonne. Dabei ist der Äquatordurchmesser nur 3 km größer als der Poldurchmesser.  Im Vergleich dazu ist unsere Sonne ein Ei.  Der Äquatordurchmesser der Sonne ist 10 km größer als der Durchmesser an den Polen und das bei einem  Gesamtdurchmesser von 1,395 Mio Kilometern. Sterne und Planeten sind in der Regel nicht perfekt rund.  Wegen ihrer Eigenrotation werden sie zu Rotationsellipsoiden. Die Pole werden bei der Rotation etwas abgeflacht.  Im Fall des Sterns KIC11145123 ist die Rotationsgeschwindigkeit erstaunlich gering. Er dreht sich in 99 Tagen um die eigene Achse. Die Sonne benötigt etwa 30 Tage für die Eigenrotation.  In unserem Sonnensystem ist der Gasriese Jupiter wohl der Spitzenreiter in Sachen Abflachung. Seine Rotationsgeschwindigkeit lässt ihn in etwa 10 Stunden um die eigene Achse drehen.  Jupiters  Äquatordurchmesser beträgt 142984 km und der Poldurchmesser nur 133708 km. Diese Abflachung kann man bereits im Teleskop wahrnehmen.

KIC11145123  Rekt:         19h 41m 25,34s Dekl: +48° 45′ 15″

Die Daten alleine sind schon beeindruckend. Wie aber hat man die Diagnose für das rundeste Objekt im Weltall anstellen können?  Kein Teleskop der Welt kann diesen Stern als Kugel wahrnehmen, geschweige denn vermessen.   Das Zauberwort heißt Asteroseismologie. Wir kennen den Begriff der Seismologie in Zusammenhang mit Erdbeben auf der Erde.  Man könnte dies auf das Beben der Sterne übertragen.  Sterne beben aber anders als die Erde.  Erdbeben treten sehr unregelmäßig auf und variieren stark in der Amplitude.  Bei Sternebeben beobachten wir eher das Schwingen eines Sterns. KIC11145123 pulsiert sehr leicht und diese Pulsationen machen sich durch einen Lichtwechsel bemerkbar.Das Kepler-Teleskop, welches speziell für die Messung von Helligkeitsschwankungen an Sternen eingesetzt wird,  überwachte den Stern einige Jahre. Kepler beobachtete von 2009  bis 2018 ein Sternfeld im Sternbild Schwan um dort nach extrasolaren Planeten mittels der Transitmethode zu suchen. Als Beifang gelangen auch gute Datenaufnahmen für die Bestimmung der Pulsation des Sterns.  Die Form der Pulsation gab eine gute Sinuskurve wieder. Daraus ermittelten die Astronomen die perfekte Kugelform des Sterns.  Die Asteroseismologie ist eine noch nicht so alte Methode der Untersuchung von Sternen. In den 1960er Jahren entdeckte der amerikanische Physiker Robert B. Leighton ein Schwingungsmuster mit einer Frequenz von 5 Minuten  bei unserer Sonne. Das war der Einstieg in die Helioseismologie und später in die stellare Seismologie.

Die Schwingungen eines Sterns sind die  Folge der Energieerzeugung im Innern des Sterns. Der Stern gerät ins Pulsieren, weil es in der Schale um den Kern zu einem Energiestau kommt.  Mit zunehmender Temperatur nimmt auch die Opazität zu.  Der Energietransport wird blockiert bis zu einem kritischen Punkt, der dann eruptiv die Energie freisetzt. Schallwellen breiten sich aus und werden an der Sternoberfläche reflektiert. Auf der Wanderung ins  Innere des Sterns kann sich der Schall wegen der immer größer werdenden Dichte schneller ausbreiten. Dadurch verändert er seine Richtung und gerät an anderer Stelle wieder an die Oberfläche des Sterns. Es entsteht ein Schwingungsmuster, welches den ganzen Stern erfasst und dass sich durch winzige Helligkeitsschwankungen bemerkbar macht. Man kann, wie bei den Schwingungen der irdischen Erdbeben Rückschlüsse auf den inneren Aufbau des Sterns machen.

Die Schwingungen liefern heute unter anderem Daten zum Alter eines Stern, natürlich der Erscheinungsform und dem inneren Aufbau des Sterns.  Die Seismologie liefert aber keine absoluten Daten. Man kann mit ihnen aber gute Aussagen treffen, wenn man die seismologischen Daten im Kontext mit weiteren Messdaten betrachtet. Hierzu werden komplexe Simulationen an Sternmodellen durchgeführt.

Es ist immer wieder erstaunenswert mit welchen Methoden Wissenschaft betrieben wird  und welche Werkzeuge dazu entwickelt werden. Sicherlich ist die Beobachtung von Gravitationswellen oder das Untersuchen von Schwarzen Löchern spektakulärer.  Aber die subtilen, weniger prominenten Untersuchungsmethoden liefern auch spannende Ergebnisse.  Die Schlagzeile im Jahr 2016 als KIC1114523 als rundester Stern des Universums bekannt wurde, wird Staunen und Kopfschütteln bei den Lesern ausgelöst haben. Vielleicht haben sich auch einige Leute gefragt, ob die Suche nach Kugeln im weiten Weltall die Forschungsgelder wert ist.  Aber es ist eben ein interessanter Beifang, der ebenfalls verarbeitet werden kann. Das Bild vom Weltall und insgesamt der Natur ist ein riesiges Puzzle. Und ein noch so kleines Puzzleteil kann zum Gesamtbild beitragen. Die Asteroseismologie hilft uns jedenfalls beim Verständnis der Sterne und der Sonne.

Das kugelförmigste Objekt, das man bisher kennt, ist eine irdische Kugel, die von Wissenschaftlern in Braunschweig hergestellt wurde. Genauer gesagt, sind es zwei Kugeln von 9,375 cm  Durchmesser. Die Abweichung von der Kugelform ist nur 70 Millionstel Millimeter. Das ist nochmal um den Faktor 10 weniger als der Stern, wenn man es maßstäblich betrachtet. Die Kugeln wurden benötigt, um die Masse des Urkilogramms genauer zu bestimmen.