Die meisten Sterngucker zog es am 11. August und am 12. August wohl wegen der Perseidensternschnuppen nach draußen. Bei tollstem Wetter im Münsterland waren die Nächte von Sonntag auf Montag und von Montag auf Dienstag besonders attraktiv. Ungeplant kam für viele Beobachter die Beobachtung von Polarlichtern.
Mehrere Ausbrüche auf der aktiven Sonne sorgten für eine ordentliche Polarlichtaktivität. In der Nacht zum 12. August konnte die Kamera der Sternwarte gegen 2 Uhr Polarlichter aufnehmen. Ich hatte das leider verpasst.
Am darauffolgenden Abend hatte ich mir den Wecker für Mitternacht gestellt. Nach zwei Stunden Schlaf krähte der elektronische Hahn. Ein kurzer Blick auf die Sternwartenkamera zeigte ein schwaches Polarlicht. Ich habe mir schnell die Schuhe angezogen , die Kamera geschnappt und bin im Schlafdress nach draußen gerannt. Unser Nachbar hat leider ein Maisfeld erfolgreich im Anbau, so dass ich bis zur Hauptstraße laufen musste, um ein halbwegs gutes Blickfeld zu haben. Gut, dass diese Straße zu dieser Zeit sehr vereinsamt ist und die Leute nachts keinen Blick für die Kleiderordnung haben. Jedenfalls konnte ich einen schönen
Polarlichtausbruch beobachten, der etwa eine Stunde anhielt. Die Beamer waren sogar gut über dem Licht des Borkener Gewerbeparks zu erkennen. Es war schon schade, dass ich nicht an einem dunklen Ort sein konnte. Um 5 Uhr würde sich der andere elektronische Hahn melden und mich zur Arbeit schicken. Da wäre eine Fahrt weiterer Schlafentzug. Zudem weiß man nicht, wie lange das Polarlicht anhält. Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach, so ein altes Brieftaubenzüchtersprichwort.
Ein paar Perseiden waren auch noch zu sehen. Gegen 1 Uhr ging ich also wieder ins Bettchen und verpasste eine weitere schwächere Welle gegen halb 3 Uhr. Die konnte ich mir dann aber auf der Sternwartenkamera ansehen.
Nach dem 11.05.24 war das wohl das hellste Polarlicht des Jahres. Gerne mehr davon…
Wir sausen im Schlepptau der Sonne mit 220 km/s durch den interstellaren Raum und umkreisen das galaktische Zentrum in 225 Millionen Jahren. Astronomen bezeichnen diesen Zeitraum als Galaktisches Jahr. Unsere Erde ist somit ein wahrer Jungspund im Alter von 20 Jahren- galaktischen Jahren. Unsere Reisegeschwindigkeit wird von den Kepler`schen Gesetzen bestimmt und ist für Sterne, die 27000 Lichtjahre vom Zentrum der Milchstraße entfernt sind, nichts Besonderes. Je näher wir dem Zentrum der Milchstraße kommen, desto schneller sind die Sterne auf ihren Bahnen unterwegs. Hier unterscheiden sich die Gesetze der Milchstraße nicht von den Gesetzen des Sonnensystems. Neulich entdeckten Astronomen einen Stern in der Nähe vom Milchstraßenzentrum, der nur 4 Jahre benötigt, um das Schwarze Loch bei Sagittarius A* im Zentrum unsere Heimatgalaxie zu umkreisen. Sie errechneten eine Bahngeschwindigkeit von 8000 km/s. Im Zentrum der Milchstraße wird also schnell „gefahren“. Im November 2019 entdeckten Astronomen einen Stern in der Nähe des galaktischen Zentrums, der mit 1700km/s unterwegs ist. Er ist damit zwar deutlich langsamer als der vorhergenannte, aber sein Abstand ist groß genug um ihn die Flucht aus der Milchstraße zu ermöglichen. Offenbar hat die nahe Begegnung mit dem Schwarzen Loch diesen Stern wie ein Katapult beschleunigt. Die Rekonstruktion der Bahn des Sterns führt ihn jedenfalls direkt aus der nahen Umgebung des Schwarzen Lochs im Zentrum der Milchstraße.
Die Hochgeschwindigkeits-Stern US708
Diese Hochgeschwindigkeitssterne sind sehr selten. Im Jahr 2015 entdeckten Astronomen den Stern US 708 im Großen Bären. Weitab vom Zentrum der Milchstraße saust der Stern mit einer Geschwindigkeit von immerhin 1200 km/s in Richtung des intergalaktischen Raums. Der bis dahin schnellste Stern der Galaxis konnte seinen Rekord zwar nicht halten, dennoch ist er etwas Besonderes. Die Astronomen klassifizieren ihn als Blauen Unterzwerg ein. Bei diesem Stern schaut man direkt auf die brennende Heliumschale eines späten Sterns. In späten Stadien eines Sterns, wenn also ein großer Teil des Wasserstoffs im Innern des Sterns verbrannt ist, beginnt das Schalenbrennen. Im Inneren des Sterns fusioniert dabei Helium zu schwereren Elementen und in den äußeren Bereichen kann der Wasserstoff weiterhin zu Helium fusionieren. Bei US708 soll dieser Ablauf ein jähes Ende gefunden haben, davon gehen die Astronomen aus. US708 zeichnet sich nicht nur durch die große Eigengeschwindigkeit aus. Seine Rotationsgeschwindigkeit ist ebenfalls rekordverdächtig. Der Stern rotiert am Äquator mit 115km/s. Unsere Sonne zum Vergleich rotiert mit schneckenhaften 2 km/s am Äquator. Der unscheinbare Stern 19. Größenklasse scheint eine bewegte Vergangenheit zu haben und wahrscheinlich eine sehr langweilige Zukunft.
Die Astronomen vermuten, dass US708 einst ein Doppelsternsystem war. Der Partnerstern, ein sonnenähnlicher Stern, entwickelte sich schneller und kollabierte letztendlich zum Weißen Zwerg. Als Weißer Zwerg war er in der Lage dem Begleitstern Materie zu entreißen. Zudem näherte er sich seinem Begleitstern immer näher an. Immer mehr Materie strömte zum Weißen Zwerg über. Das System beschleunigte sich auf diese Weise. Das Ende kam dann sehr plötzlich. Der Weiße Zwerg hatte die Chandrasekhar-Grenze überschritten und es kam zur Supernova vom Typ IA. Wenn der Weiße Zwerg eine Masse von 1,4 Sonnenmassen angereichert hat, so errechnete der Physiker Subrahmanyan Chandrasekhar, wird er zum Neutronenstern kollabieren. Hier führte der Kollaps zur Supernova. Der Weiße Zwerg wurde dabei vollständig zerstört. Die Explosion katapultierte den Begleitstern mit hoher Geschwindigkeit in den intergalaktischen Raum. Hier rast er nun unweigerlich mit 1200km/s und einer Rotationsgeschwindigkeit von 115 km/s in die Einsamkeit des intergalaktischen Raums. Die Oberfläche des Sterns ist 45000°C heiß. Am Ende wird US708 ebenfalls zum weißen Zwerg werden ohne kosmisches Feuerwerk. Man könnte ihn als erlöschenden Funken des thermonuklearen Feuers der Milchstraße bezeichnen. Wenn US708 die Milchstraße verlassen hat und als Wanderer zwischen den Welten unterwegs ist, wird er viele Milliarden Jahre die Tiefe des Raums erkunden, bevor er vielleicht eine andere Galaxie erreicht. Keine spannende Aussicht für US708.
Das war schon ein außergewöhnlicher Abend, der 21.Juni 2019. Der ganze nördliche Himmel war bis über den Zenit mit Leuchtenden Nachtwolken verschönert. Ein silbriger Schleier, fast apokalyptisch wirkend, überzog den Himmel. Die leichte Dynamik der Wolken war gut zu beobachten und mit der zunehmenden Dämmerung zogen sich die Wolken auch nach Norden zurück. Tief im Norden konnte man sie noch eine lange Zeit sehen, aber nach Mitternacht waren auch dort keine Silberschleier mehr sichtbar. Am darauffolgenden Tag war von den Leuchtenden Nachtwolken gar nichts zu sehen. Sie sind eben doch selten und nicht vorhersagbar. Die Chancen, diese Wolken zu Gesicht zu bekommen sind aber in den Monaten Mai bis August in unseren Breiten gar nicht schlecht. Ein Wolkenspektakel, wie an jenem Juniabend 2019 ist vielleicht die Ausnahme.
(NLCs über Borken am 21.Juni 2019)
Leuchtende Nachtwolken sind übrigens ein Phänomen, das erst in den letzten Jahren in Mode gekommen ist. Die Geschichte dieser Wolken begann im Jahr 1883, als der Vulkan Krakatau in der Nähe von Java ausbrach und Staub und Aerosole in die hohe Atmosphäre katapultierte. Die Vulkanasche sorgte in den nächsten Monaten weltweit für farbenprächtige Sonnenuntergänge. Die bemerkenswerten Sonnenuntergänge inspirierten nicht nur Künstler, wie Edvard Munch, der die Atmosphäre auf dem Gemälde „Der Schrei“ festhielt. Astronomen beobachteten zu dieser Zeit zum ersten Mal das Phänomen der Leuchtenden Nachtwolken. Es ist etwas kurios, warum die Wolken erst so spät entdeckt wurden. Die Astronomen beobachten den Himmel eigentlich schon seit vielen hundert Jahren. Offenbar gab es keine spektakulären Ausbrüche. Die Erforschung der Wolken begann also erst im Jahr 1885. In Deutschland waren es die Astronomen Wilhelm Förster und Otto Jesse von der Berliner Sternwarte, die sich den Wolken wissenschaftlich näherten. Mit Höhenbestimmungen durch Triangulation kamen die Sternforscher zu der Erkenntnis, dass diese Wolken in über 80 km Höhe entstehen. Sie haben also nichts mit dem normalen Wettergeschehen zu tun. Ihr Reich ist oberhalb der Mesosphäre, was die Forscher damals schon sehr verwunderte. Dieser Bereich der Atmosphäre ist heute auch fast ein weißer Bereich in der Atmosphärenforschung. Wetterballone und Flugzeuge erreichen diese Höhe von 80 km nicht. Raketen durchstoßen diesen Bereich sehr schnell. Sicher ist aber, dass die Atmosphäre dort sehr dünn und sehr, sehr trocken ist. Auch ist sie mit -90°C sehr kalt, Werte bis -150°C wurden sogar gemessen. Die Mesopause ist in den Sommermonaten besonders kalt. Es sind also umgekehrte Verhältnisse zu den bodennahen Schichten. Für die Bildung von Wolken fehlen nun kleine Staubpartikel und etwas Wasser, welches an den Staubpartikeln kondensieren kann. Die Partikel liegen im Bereich von wenigen Nanometer Größe. Der Staub und andere Aerosole können durch Vulkanausbrüche in die hohe Atmosphäre getragen werden. Auch Wasser kann auf diesen Weg in über 80km Höhe getragen werden. Wenn in den Sommermonaten die Sonne nicht tief unter den Horizont tritt, werden die Kondensationskeime noch von der Sonne angeleuchtet und treten dann als Leuchtende Nachtwolken in Erscheinung. Die kondensierten Eiskristalle sind so klein, dass die förmlich mit dem Wind, der in der Mesopause herrscht, mitgetragen werden. Sie breiten sich dann mitunter mit einer Geschwindigkeit von 140 km/h aus.
Die Erforschung der Leuchtenden Nachtwolken ist noch in den Kinderschuhen. Ein Einfluss der Sonnenaktivität ist zu vermuten, aber konnte nicht eindeutig nachgewiesen werden. Bei schwacher Sonnenaktivität können mehr Teilchen der kosmischen Strahlung in die Mesosphäre eindringen und Kondensationskeime bilden. Auch wird vermutet, dass erhöhte Sonnenaktivität die Mesosphäre aufheizt. Tatsächlich beobachtet man stärkere Aktivität der Leuchtenden Nachtwolken nach dem Sonnenaktivitätsminium. Das würde die negative Korrelation zwischen Sonnenaktivität und Auftreten der Leuchtenden Nachtwolken bestätigen.
In den letzten Jahren wächst das Interesse an Leuchtende Nachtwolken. Es scheint so, als ob die Leuchtenden Nachtwolken in der jüngsten Vergangenheit öfter zu beobachten sind. Sicherlich ist das gestiegene Interesse und die Möglichkeit der Kameraüberwachung ein Grund für die Mehrbeobachtungen. Es gibt aber auch die Vermutung, dass der menschliche Einfluss sich sogar in der Mesopause bemerkbar macht. Der Ausstoß von Treibhausgasen erwärmt die Atmosphäre, insbesondere die Troposphäre. Die Mesosphäre kühlt aber stärker ab. Und je kälter die Mesopause , desto größer die Wahrscheinlichkeit der Entstehung von Nachtleuchtender Wolken. Das Methan in der Atmosphäre spielte auch eine Rolle. Durch menschliche Aktivitäten erhöht sich der Anteil an Methan in der Atmosphäre seit 200 Jahren deutlich. Der erhöhte Methananteil sorgt dafür, dass Wasser in die hohe Atmosphäre kommen kann. UV-Strahlung zerstört das Methanmolekül. Der freiwerdende Wasserstoff bindet Sauerstoff und bildet Wasser, das an den winzigen Staubpartikeln kondensieren kann.
Nun werden noch Kondensationskeime vermehrt durch Überbleibsel der Weltraumfahrt in die Mesosphäre getragen. Das Zusammenspiel unserer Aktivitäten begünstigt die Entstehung Nachtleuchtender Wolken. Vielleicht ist das auch der Grund, warum die Leuchtenden Nachtwolken erst am Ende des 19. Jahrhunderts bemerkt wurden.
Die Leuchtenden Nachwolken sind schön anzusehen und vielleicht ein Mahnzeichen für uns. Unsere Aktivitäten verändern den Planeten und auch die sensible Gashülle um ihn herum. Dessen sollten wir uns bewusst sein.
In Deutschland beschäftigt sich das Leibniz-Institut in Kühlungsborn mit der Beobachtung der Hochatmosphäre. Mit Hilfe von Radarmessungen werden dort die „Wetterverhältnisse“ im Bereich der Mesosphäre beobachtet.
Für den Beobachter von Leuchtenden Nachtwolken ist das OSWIN-Radar eine gute Hilfe. Die Online-Daten stehen unter : OSWIN – Mesosphäre – Forschung – Leibniz-Institut für Atmosphärenphysik, Kühlungsborn (iap-kborn.de) zur Verfügung. Die Leuchtenden Nachtwolken erzeugen starke Echos, die auf Leuchtende Nachtwolken hinweisen. Allerdings sind die Messungen lokal. Ob wir in Borken, wo wir 500 km nordwestlich von Kühlungsborn leben, ebenso etwas sehen, ist nicht sicher. Aber trotzdem sind die Daten aus dem Nordosten besser als keine Daten.
Ja, ich bin Polarlichtsüchtig und nein – ich bin nicht einsichtig. Seit ich vor fast 25 Jahren zum ersten Mal das magische Himmelsleuchten sehen konnte, verfolge ich es und es mich . Schon damals besuchte ich die einschlägigen Webseiten und meldete mich als Benutzer im polarlichtlastigen Meteoros-Forum an. Zu meiner Entlastung kann ich sagen, dass die meisten Benutzer, die dort früher schon aktiv waren, immer noch dabei sind und dass es viele Neuinfizierte gibt (Bitte keine Meldung ans RKI). Symptome sind das häufige Aufrufen von Wetterseiten und das Checken von Sonnenwinddaten , ebenso das Äugeln auf den Urlaubsplan und Unruhe zu bestimmten Zeiten, wenn die Bedingungen für Polarlicht gut sind .Ich kann Partnern von Polarlichtsüchtigen nur raten, den Betroffenen größten Freiraum zu geben. Er wird es ihnen danken. Gefährlich ist es nicht,denn außer Augenringe und müde Tage gibt es keine Nebenwirkungen. Es gibt keinen Grund zur Therapie Aber das will ich gar nicht erzählen. Am 8.Mai 2024 um 7 Uhr morgens kam es zu einer Explosion auf der Sonne. Ok, wir haben erst 8 Minuten später davon erfahren. Es sollte eine sehr starke Explosion sein, ein sogenannter X 1.0-Flare. Dieser wurde von einem heftigen Koronalen Massenauswurf (kurz CME für das englische Coronal Mass Ejection) begleitet. Der Ursprungsort war der Sonnenfleck AR3364, der zentral auf der Sonnenoberfläche zu finden war. Der große Sonnenfleck produzierte in den nächsten Stunden noch weitere Ausbrüche, die mindestens drei weitere CMEs ausblasen sollten. Am Ende gab es noch einen X5.0-Flare, der nochmalig 5 mal stärker war, als der eingangs erwähnte X1.0-Flare.
Am Morgen des 10. Mai ging die Sonne rot über Reken auf, als ich mit dem Rad zur Arbeit fuhr. Deutlich war der große Sonnefleck zu erkennen, der am gleichen Abend die Sucht der Polarlichtfreunde bedienen sollte. Die Experten kündigten für die zweite Nachthälfte das Eintreffen der ersten Partikelwolke der Sonne an. So gab es eine Polarlichtwarnung für einen G3 bis G4-Sonnensturm vom 11.05 bis zum 13.05.24. Aber der Amateur weiß, eine Warnung ist nur eine Warnung. Und im richtigen Leben ist alles anders. In der Vergangenheit traten Polarlichter auf, wenn niemand damit rechnete. Dann wurden die größten Events prognostiziert und nichts passiert. Die Teilchenwolke hatte schlichtweg die Erde verfehlt. Auch soll es vorgekommen sein, dass sich zwei unterschiedlich schnelle Wolken gegenseitig auslöschten… Pech gehabt. Aber dieses Mal war es anders. Um 18:38 Uhr MESZ traf eine Schockwelle auf den ACE-Satelliten, der 1,5 Millionen Kilometer vor der Erde geparkt ist. Mit 700 km/s trafen einige Minuten später die solaren Partikel auf das Magnetfeld der Erde und lösten schwere Störungen aus. In Borken war es aber noch taghell. Die Sonne sollte erst um 21:13 Uhr untergehen. Ausreichend dunkel für Polarlicht wird es erst nach 22 Uhr. Zeit genug, um ohne Hektik das Auto mit der Fotoausrüstung zu bepacken. Vielleicht noch die Akkus laden, bevor es losgeht, warm anziehen, Getränke einladen. Und ganz wichtig, einen Beobachtungsplatz finden. Normalerweise würde ich zur Sternwarte fahren. Aber leider haben einige Nachbarn der Sternwarte in Richtung Norden ihre Beleuchtung ordentlich aufgerüstet und eine Gärtnerei im Norden sorgt regelmäßig für einen hellen Nordhimmel. Zudem ist der Verkehr an der Sternwarte an solchen Abenden nicht zu verachten. Ich plante eine Beobachtung in Heiden und fuhr dann auch zeitig los. Bei der Inspektion der Lokation gefiel mir eine nahe Hauptstraße nicht, die unweigerlich mit aufs Bild geraten würde. Das ging nicht…Standortwechsel. Gelandet bin ich dann auf einem Wirtschaftsweg am Östricker Berg in Heiden. Es sah gut aus, dunkel, kaum Verkehr, ein Waldstück im Norden, ein einsamer Baum im Westen. Hier konnte ich bleiben.
Blitzschnell waren zwei Stative mit Kameras aufgestellt. Eine weitere Kamera und das Smartphone waren ebenfalls einsatzbereit. Zudem konnte ich auf die Überwachungskamera an der Sternwarte zugreifen. Der Liegestuhl wurde auch ausgepackt. Um 22:25 Uhr kam es zur ersten Fotoaufnahme. Zusehen war ein helles Polarlicht. An der Sternwarte war es ebenfalls zu sehen. Nun wurde ich etwas beweglicher. Ein Polarlichtsüchtiger kann Multitasking, wenn es darauf ankommt. Die Hauptkamera wurde positioniert und machte ab dann alle 30 Sekunden eine Einzelaufnahme. Die anderen beiden Kameras wurden flexibel in interessante Richtungen gehalten. Und geguckt wurde auch noch. Das Polarlicht begann mit roten Flächen, später war der Himmel im Norden grün. In mehreren Wellen kam es dann zu richtigen Ausbrüchen des Polarlichts. Strahlen waren bis in den Zenit zu sehen. Selbst im Süden war das Polarlicht zu sehen.
Es kam immer wieder zu kleinen Pausen und dann lebte das Polarlicht wieder auf. Erst war es mehrheitlich rot, dann flächig grün. Später war es sehr violett. Das Bildfeld meiner Kameras reichte nicht aus, um die Größe des Polarlichts zu erfassen. Damit hatte ich nicht gerechnet. Aber superschön !!! Auch wenn man dort auf dem Östricker Berg sehr alleine ist, war ich doch dank des mobilen Telefons mit der ganzen Welt in Kontakt. So erfuhr ich von den Beobachtungen bekannter und unbekannter Leidensgenossen. Das war vor 20 Jahren noch nicht so. Die Polarlichtseite versorgte mich mit Echtzeitdaten der relevanten Messgeräte. Seien es die Daten des aktuellen Sonnenwinds oder auch die Daten des irdischen Magnetfelds, welches ordentlich zappelte. Es reichte letztendlich für KP9 und einen G5-Sturm. Welche Wirkung ein solches Ereignis auf einen Polarlichtsüchtigen hat, kann man sich denken. Kurz vor vier, etwas Müde nach einem 23-Stunden-Tag , packte ich in der Morgendämmerung zusammen. Eine letzte Probeaufnahme vor dem „Zubettegehen“ vor der Haustüre. Immer noch war das helle Polarlicht zusehen. Später sollte ich noch einige Polarlichtbilder einer Freundin aus Neuseeland zusehen bekommen, die wenige Stunden später die Dunkelheit genießen konnte. Einige Stunden Schlaf folgten….
Wie würde es weiter gehen ? Geht es weiter ? So waren die Gedanken des Samstags. Der Himmel sollte klar bleiben und die Aktivität blieb hoch. Abends meldete sich Ralf, der gerne mitkommen wollte. Unvergessen waren die tollen gemeinsamen Polarlichtnächte im Februar 2015 auf der Vulkaninsel Island. Unvergessen aber auch das unfassbar schlechte Wetter, welches einen dort im Winter ereilen kann. Aber heute war Mai und es war mindestens 25°C warm.
Ich wollte keine Experimente mache und schlug den gleichen Beobachtungsplatz vor, den ich abends zuvor eingenommen hatte. Leider entwickelten sich die Werte des Sonnenwinds eher schlechter, dass eine spektakuläre Show wohl nicht mehr zu erwarten war. Wieder war es gegen 22 Uhr, als wir auf dem Östricker Berg die Kameras starteten. Und tatsächlich war Polarlicht zu sehen. Das Magnetfeld der Erde hatte sich trotz nachlassender Aktivität noch nicht erholt. Auch der Livestream der Sternwartenkamera zeigte Polarlicht und man nahm einige Beobachter an der Sternwarte war. Unter normalen Bedingungen wäre ich mit der Ausbeute sehr glücklich gewesen. Aber die Eindrücke der vorherigen Nacht machten anspruchsvoll. Man muss wieder etwas runterkommen. Das wird unweigerlich in den nächsten Wochen passieren. Als Mitteleuropäischer Polarlichtsüchtiger ist man nämlich keineswegs anspruchsvoll. Helles Polarlicht ist selten, vielleicht nur alle 20 Jahre mal zusehen, Regen und Wolken sind häufig. Deswegen sind die gesundheitlichen Risiken überschaubar. Gegen 1 Uhr war ich bereits an jenem Sonntagmorgen wieder zu Hause. Allerdings fehlte mir auch Schlaf. Die Vernunft siegte einmal…. Aber nur einmal .
Der Komet P/Tsuchinshan (62P) durchwanderte Anfang März den Virgo-Galaxienhaufen . Am 6. Und 7. März 2024 zog er dabei noch an Abell 1553 vorüber. Dieser Galaxienhaufen ist 35 Bogenminuten westlich des 6mag hellen Sterns 20 Vir zu finden. Die Größe der Galaxien zeigen schon, dass der Galaxienhaufen sehr weit hinter dem Virgohaufen liegen muss. Es gibt dort ein Fenster mit sehr guter Fernsicht im Sternbild Jungfrau. Die Galaxien des Haufens scheinen ungefähr 10- 12 Bogensekunden groß zu sein. Wenn man von einer durchschnittlichen Größe von 100000 Lichtjahren ausgeht, dann würde man den Galaxienhaufen in etwa 1,75 Milliarden Lichtjahren verordnen. Der Virgohaufen ist nur etwa 65 Millionen Lichtjahre .Er hat allerdings einen Durchmesser von 9 Millionen Lichtjahren. Der Kernbereich von Abell 1553 umschließt dann gerade mal 4 Millionen Lichtjahre. Sein Durchmesser im Abell-Katalog wird mit 25,6 Bogenminuten angegeben. Seine Ausmaße wären dann drei Mal so groß. Was sagen die offiziellen Zahlen noch ? Die Galaxien von Abell 1553 entfliehen mit einer Geschwindigkeit von 45880 km/s. Die Rotverschiebung des Spektrums ist 0,167. Mit den üblichen Parametern des Kosmos errechnet sich eine Distanz von 2,1 Milliarden Lichtjahren. Die hellste Galaxie des Haufens (2MASX J12304890+1032464 — Brightest Galaxy in a Cluster (BCG) ) hat einen Durchmesser von 26 Bogensekunden und somit einen Durchmesser von 265000 Lichtjahre. Sie ist doppelt so groß, wie unsere Milchstraße. Ungewöhnlich ist das aber nicht. Die größte bekannte Galaxie IC1101 hat einen Durchmesser von 3 Millionen Lichtjahren. Der hellste Bereich dieser Galaxie ist aber auch nur bei etwa 200000 Lichtjahren. Wegen der Distanz von 1 Milliarde Lichtjahre ist sie ebenfalls nicht so spektakulär von hier aus betrachtet. Sie ist ein schwacher Nebel 14.Größe,der ebenfalls im Sternbilder Jungfrau zu finden ist.
Das sind unvorstellbare Größenordnungen. Bleiben wir kurz in der kosmischen Nachbarschaft.Der Komet derweil war nur 83 Millionen Kilometer entfernt und zieht mit 31 Bogensekunden pro Stunde seine Bahn. Relativ zur Erde ist er mit 3,5 km/s eher langsam unterwegs. Relativ zur Sonne kann er aber mit 24,4 km/s aufwarten. Komet P/Tsuchinshan (62P) ist ein kurzperiodischer Komet, der uns alle 6,2 Jahre besucht. Seine Apheldistanz ist mit 5,48 AE (820 Mio km) etwas weiter als die Jupiterbahn. Im Perihel verfehlt er die Erdbahn um 40 Millionen Kilometer. Entdeckt wurde er am 1.Januar 1965 am Purple Mountain Observatorium in Nanking, China.
Etwa ein Grad nördlich des mittleren Gürtelsterns Alnitam des HimmelsJäger Orion findet man den Veränderlichen Stern V1130 Ori. Der Stern 8. Größe ist als alpha2 CVn Variabler klassifiziert. Das sind schon sehr exotische Veränderliche. Gerade mal 1 % aller Veränderlichen zählt man zu dieser Klasse . Bekanntester Stern dieser Art dürfte der Stern Alioth im Sternbild Großer Bär sein. In der Fachliteratur werden diese Sterne als Rotationsveränderlich beschrieben. Die Veränderlichkeit wird der inhomogenen Verteilung von „Metallen“ in den oberen Bereichen der Sternatmosphäre zu geschrieben, die Schwankungen im Magnetfeld des Sterns auslösen. Die starken Magnetfelder dieser Sterne können lokale Wolken schwerer Elemente auf der Oberfläche erzeugen, die zu einer optischen Helligkeitsveränderung führen. Die Sternflecken sind dann nicht, wie bei der Sonne , durch Temperaturunterschiede verursacht, sondern sind Verfärbungen durch schwere Elemente wie Silizium, Strontium usw.
Östlich des Sterns schließt sich eine bläuliche Staubwolke an, die als IC 426 im Index-Katalog aufgeführt ist. IC426 ist eine sogenannte Globule. Gelegentlich werden diese Objekte auch Bok-Globulen genannt, nach dem niederländischen Astronom Bart Bok. Bart Bok untersuchte die Globulen nach dem Zweiten Weltkrieg . Er erkannte sie als wichtige Bausteine der Sternentstehung.
Globulen sind die direkten Entstehungsorte von Sternensystemen. In den wasserstoffreichen Gaswolken großer Sternentstehungsgebiete, wie es die Orion-Region ist, können sich Bereiche durch Sternwinde heißer Sterne regelrecht abschnüren. In vielen dieser Wolken beobachtet man die Abschnürungen als „Elefanten“-Rüssel, in deren Umgebung neue Sterne entstehen. Bekanntes Beispiel sind die „Säulen der Schöpfung“ im Adlernebel , der im Sternbild Schlange zu finden ist.
Adlernebel Messier 16 mit den Säulen der Schöpfung
Kokonartig umschließt Staub den entstehenden jungen Stern und schützte die Gasverdichtung vor der Strahlung der anderen Sterne. Die Materie innerhalb des Kokons kann abkühlen und sich verdichten, bis die kritische Masse zur Sternentstehung erreicht ist. Ein neuer Stern, vielleicht sogar mit einigen Planeten , bildet sich. Im Innern sind diese Staubhüllen deswegen erstaunlich leer. Die Sternwinde werden dann in den folgenden Jahren, den Staub immer mehr verdrängen, so dass der neue Stern als leuchtendes Objekt zu sehen ist. Globulen sind vergängliche Objekte.
Die Region um IC426 (Guide 9)
Der Nebel IC 426 wurde im Jahr 1888 von der schottischen Astronomin Williamina Fleming entdeckt, die ebenfalls den Dunkelnebel IC434 entdeckte, der heute besser als Pferdekopfnebel bekannt ist.
IC426 zu der großen Orion-Molekülwolke und ist 1300 Lichtjahre von unserer Heimat entfernt. In der unmittelbaren Nachbarschaft findet man weitere Globulen, wie IC423, IC424, DG62,DG63.
Wow, 500 Billionen Sonnenleuchtkräfte, 2500 mal mehr als unsere gesamte Milchstraße- das ist ein wahres Energiemonster. Australische Forscher untersuchten den Stern 2Mass 05291579-4351519 und stellten überraschend fest, dass dieser Stern gar kein Stern ist. Die Lichtquelle entpuppte sich als Quasar, also ein aktiver Galaxienkern in weiter Ferne. So wurde aus 2Mass 05291579-4351519 der Quasar QSO J05291579-4351519. Die Bestimmung der Rotverschiebung ergab einen Wert von z=3,962. Sein Licht ist daher über 12 Milliarden Jahre zu uns unterwegs. Wegen der kosmischen Expansion dürfte er aber bereits 21 Milliarden Lichtjahre entfernt sein. Überrascht waren die Astronomen von der scheinbaren Helligkeit die etwa 16mag betrug. Der Quasar ist selbst für Amateure ein leichtes Ziel. Noch überraschender war es, dass es sich um ein einzelnes Objekt handelt. Einige helle Quasare werden durch vorgelagerte Objekte gravitativ gelinst. Gravitationslinsen verstärken das Licht entferntere Objekte. QSO J05291579-4351519 ist also wirklich so hell .Etwas Schade ist es nur, dass der Quasar im Sternbild Bildhauer hier nicht über den Horizont kommt. Er ist ein Objekt der Südhalbkugel. Aber zum Trost kann man sagen, dass wir am Nordhimmel auch einige Quasare sehen können. Und manchmal schleichen sie sich unerkannt mit aufs Bild.
Am 8.Januar 2024 wanderte der Komet C62P-Tsuchinshan1 westlich an der Galaxie NGC3968 im Sternbild Löwe vorbei. Der grüne Schweifstern dominierte das Bild, während man links die kleine Balkengalaxie zu sehen bekommt. Der Komet war zu diesem Zeitpunkt auch nur 76 Millionen Kilometer entfernt. NGC 3968 ist aus einer Entfernung von 285 Millionen Lichtjahren zu sehen. Aber sie ist eine unauffällige Balkengalaxie und kein Quasar. Für den genaueren Blick schauen wir uns mal einen Ausschnitt des Bildes an.
Wir finden dort die Galaxie NGC 3968 und zwei weitere kleinere Begleitgalaxien. Der hellste Stern ist Tycho 868 166, der ungefähr 150 Lichtjahre entfernt ist. Über drei Mal weiter entfernt als NGC 3968, ist eine Galaxie in 1,1 Milliarden Lichtjahren Entfernung. Das entfernteste Objekt ist aber der Quasar J115503.1+115831 in einer Distanz von 9,7 Milliarden Lichtjahren . Sein Licht war etwa 7,8 Milliarden Jahr zu uns unterwegs. Die Helligkeit des Quasars liegt bei nur 18,5 mag. Der helle Quasar im Bildhauer ist 12 mal heller als das Objekt im Löwen, obwohl er 1,5 mal weiter entfernt ist. Insgesamt ist er damit fast 30 mal so hell wie QSO J115503.1+115831. Immerhin ist der Löwen-Quasar noch 83 Mal heller als unsere Milchstraße. Quasare sind, wie erwähnt, aktive Kerne ferner Galaxien. In ihren Zentren befinden sich schwere Schwarze Löcher mit Millionen von Sonnenmassen. Unsere Milchstraße beherbergt im Zentrum ein Schwarzes Loch mit etwa 3 Millionen Sonnenmassen. Dem Bildhauer-Quasar wird ein Schwarzes Loch mit 17 Milliarden Sonnenmassen zugesprochen. Um den Energieausstoß aufrecht zu erhalten, muss er eine Sonnenmasse pro Tag einverleiben… Er ist wirklich ein Monster. Das Schwarze Loch des Löwenquasars wird ebenfalls einige Sonnenmassen pro Jahr zu nehmen müssen. Über sehr lange Zeiträume gelingt es den Quasaren wohl nicht, derart extrem aufzutreten. Wenn kein Nachschub an Materie einfließt, schläft der Quasar und seine Leuchtkraft geht zurück. Das Schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße ist gerade in dieser Schlafphase. Und das ist auch gut so. Ein Quasar wird mit seiner energiereichen Strahlung wirkungsvoll die Heimatgalaxie keimfrei halten. Gemütliche Orte des Lebens sind ,oder besser, waren sie nicht.
Nur etwas Nostalgie…. der Meister der Astrofotografie in den 80er und 90er Jahren war wohl David Malin. Sein Bildband „Blick ins Weltall“ offenbarte mir als absoluter Neuling die bunte Welt der Sterne. David Malin arbeitete am anglo-australischen Observatorium in Australien und war ein ausgezeichneter Fotograf am Teleskop und im Fotolabor. Seine Aufnahmen sind trotz überholter Fototechnik, heute ist das Fotolabor eher eine Software, einzigartige Kunstwerke. Und viele ikonische Objekte wurden durch seine Hand wirklich populär. Der Pferdekopfnebel zählt unweigerlich dazu. Sucht man in den Weiten des Internets nach Aufnahmen vom Pferdekopfnebel, so wird man von der Menge förmlich erschlagen. Warum also selbst nochmal einen Versuch starten, den Nebel abzulichten? Mit David Malins Aufnahmen vor den Augen, versuchte ich es in den 90ern auch, die Region im Orion auf Dia-Film zu bannen. Welcher Erfolg das war, wenn sich ein roter Wasserstoffschimmer auf den Bildern zeigte. Die digitale Fotografie zog aber nach der Jahrtausendwende schnell ein und die Möglichkeiten der Bearbeitung von Bildern überholten schnell die Möglichkeiten der Laborentwicklung. So ist es kein Wunder, vielleicht nicht mal mehr die große Kunst, Aufnahmen zu gewinnen, die David Malins Errungenschaften in Nichts nachstehen. Das sollte mich nicht abhalten, die Kamera auf den Pferdekopfnebel zu richten.
Der Pferdekopfnebel , ein Dia aus dem Jahr 1998
Und das zum wiederholten Male. Und er ist einfach immer noch umwerfend. Der Pferdekopfnebelkomplex besteht aus der Wasserstoffwolke IC434, die durch umliegende heiße Sterne zum Leuchten angeregt wird. Der rotleuchtenden Wolke ist der Dunkelnebel Barnard 33 vorgelagert. Die Erscheinung der Wolke erinnert ein wenig an ein aufspringendes Ross. Der helle blaue Stern links ist Alnitak, der östliche Gürtelstern des Orions. Linksseitig des Nebels findet man den gelblich leuchtenden Flammennebel NGC2024, eine Wasserstoffwolke , die mit Staub durchsetzt ist. Das tiefe Schwarz entsteht durch eine riesige Staubwolke, die das Licht der Sterne abschirmt .Die Dunkelwolke ist an manchen Stellen etwas dünner. Hier schimmern helle Sterne durch, die das umgebene Material anleuchten. Es sind daher Reflexionsnebel. In der Mitte findet man zum Beispiel den Reflexionsnebel NGC 2023 und etwas darunter IC 435.
Und eine Aufnahme aus dem Jahr 2024…
Der Staub in den Dunkelwolken schirmt die Strahlung der Sterne wirkungsvoll ab. Im Innern der Wolke kühlt sich die Materie stark ab. So kann die Gravitation die Oberhand gewinnen und die Wolken zum Kollabieren bringen. Das ist der Mechanismus, der neue Sterne entstehen lässt. Die neuen Sterne haben dann noch genügend Material um sich herum, um Sonnensysteme zu bilden. Der Pferdekopfnebel, so ruhig und unveränderlich er auch aussehen mag, ist eine aktive Sternentstehungsregion. Seine Erscheinung ist kosmologisch nur von kurzer Dauer. In wenigen hunderttausend Jahren wird vom Pferdekopf nicht mehr viel zu erkennen sein. Vielleicht ist das auch ein Argument für das wiederholte Fotografieren des Nebels…
Die großen Sternentstehungsgebiete am heimischen Firmament sind gern besuchte Beobachtungsziele der Sterngucker. Der imposante Nebel im Orion, der um die hellen Trapezsterne leuchtend eine sehr aktive Sternentstehungsregion darstellt, ist wohl die bekannteste Region. Aber auch der Lagunennebel und der Schwanennebel in der Sommermilchstraße sind Orte intensiver Sternentstehung. Die Nebel aus rotleuchtendem Wasserstoffgas, das durch die Anwesenheit heller, leuchtkräftiger Sterne zum Leuchten angeregt wird, sind visuell und auch fotografisch sehr auffällig.
Sterne entstehen aber nicht nur in den leuchtenden Wolken der Milchstraße. Auch in den dunklen Ecken des der Milchstraße beginnen junge Sterne ihre Entwicklung. In der Region des Sternbilds Stier gibt es eine riesige Staubwolke aus der an einigen Stellen die Geburtsstätten der neuen Sterne durchschimmern – der Taurus-Molekül-Komplex.
Sternfeldaufnahme im Stier. Die riesige Taurus-Molekülwolke nimmt praktisch den östlichen Teil des Sternbild Stiers ein. Das Rechteck markiert den Himmelsausschnitt einer Aufnahme mit 400 mm Brennweite durch eine Canon DSLR.
Einige Ausläufer der Molekülwolke finden sich auch nördlich des Sterns Aldebaran. Der Staubnebel aus Lynds Dark Nebula-Katalog (LDN) 1549 ist so ein Nebel. Dieser Dunkelnebel scheint ein Fenster zu haben, durch das man in das Innere des Nebels schauen kann. Der Nebel Sharpless 2-239 schimmert durch den dunklen Staub der Molekülwolke. Wie der Eingang zur Hölle könnte man meinen, sieht man das feurige Herz einer Sternentstehungsregion. Die Region ist hochdynamisch. Junge Sterne räumen in heftigen Ausbrüchen mit dem Sternenwind ihre Umgebung frei. Dabei wird der Staub und das Gas aus der Sternentstehungsregion mit mehreren 10 bis 100 Kilometern pro Sekunde fortgeblasen und stößt mit dem Staub der umgebenden Materie zusammen. Astronomen bezeichnen diese Art von Objekten als Herbig-Haro-Objekte.
Der Dunkelnebel LDN 1549 mit dem Nebel Sharpless 2-239 (Teleobjektiv 400mm Brennweite, mod. Canon 700D).
Der Nebel Sharpless 2-239 beinhaltet einige Herbig-Haro-Objekte. In der direkten Umgebung findet man 14 dieser dynamischen Wolken, die von den jungen Sternen fortgetrieben werden. Mit Amateurmitteln sind vier dieser Wolken gut zu beobachten, zumindest fotografisch. Die Wolken HH28, HH29, HH 151 und H30 findet man auf langbelichteten Aufnahmen der Region um Sharpless 2-239.
Im Dezember 2019 beschäftigte ich mein Teleskop einige Nächte damit, den Nebel mit 800 mm Brennweite aufzunehmen. Die Objekte sind sehr lichtschwach, so dass insgesamt 12 Stunden Belichtungszeit nötig waren, um ein einigermaßen tiefes Bild zu bekommen. Die Aufnahmen entstanden mit einem 8“ Newton und einer Artemis 4021 –Kamera (LRGB –Filtersatz ). Der Himmel war während der Aufnahmen nicht immer optimal. Leichter Dunst sorgte für ein Himmelshelligkeit von bis zu 20,2 mag/arcsec mit dem SQM gemessen.
Die Aufnahme nach 12 Stunden Belichtung. Der feuerrote Nebel SH2-239 inmitten des Dunkelnebels LDN 1249.
Der Taurus-Molekülwolkenkomplex wird mit einer Entfernung von 450 Lichtjahren angegeben. Das ist für Milchstraßenverhältnisse nicht sehr weit. Die theoretische Auflösung meiner Fotoausrüstung beträgt 1,88 Bogensekunden pro Pixel. In einer Entfernung von 450 Lichtjahren entspricht das einer Größe von ca. 260 Astronomischen Einheiten oder 38 Milliarden Kilometer pro Bildpixel. Das ist schon eine beschauliche Strecke…
In den 50er Jahren wurde der gesamte Nordhimmel am Palomar Observatorium auf Fotoplatten gebannt. Diese Fotoplatten wurden in den 1980er Jahren eingescannt und als DSS –Fotoplatten digital veröffentlicht. Die Aufnahmen sind online verfügbar und es ist möglich, eigene aktuelle Aufnahmen mit den Aufnahmen des DSS zu vergleichen.
Ich habe dazu eine Aufnahme aus dem Jahr 1955 mit der aktuellen Aufnahme aus dem Dezember 2019 verglichen. Es liegen also fast 65 Jahre zwischen den beiden Bildern. Was hat sich da getan?
Bei der direkten Überlagerung der Aufnahmen fielen zwei Bereiche besonders auf. Die Nebelfetzen der Herbig Haro-Objekte HH28 und HH29 haben sich um zwei bis drei Pixel nach rechts verschoben. Dies scheint eine Ausdehnung zu sein, die etwa 600 bis 700 Astronomischen Einheiten entspricht. (oder etwa 100 Milliarden Kilometer) . Für die Zurücklegung einer derartigen Distanz muss sich die Wolke mit sagenhaften 50km pro Sekunde bewegen. Das ist eine Geschwindigkeit, die für Herbig Haro-Objekte nicht untypisch ist.
Das Hubble Space-Teleskop hat sich ebenfalls für diese Region interessiert und vor einiger Zeit das Herbig Haro-Objekt HH30 angeschaut. Zugegebenermaßen eine sehr hochaufgelöste Aufnahme, die deutlich den typischen Materiejet des Herbig Haro-Objekts zeigt. Aus dem Veränderlichen V1213 schießen hochfokussierte Jets . Oberhalb der Jets befinden sich leuchtende Materie aus Gas und Staub.
Die tolle Aufnahme lässt erahnen, welche Naturgewalten dort in Aktion sind. Mit Amateurmitteln ist es zwar nicht möglich, die ganze Dramatik sichtbar zu machen. Dennoch macht es Spaß, sich mit den Aufnahmen auseinanderzusetzen. Die Forschungen um diese Objekte begannen erst in den 1940er Jahren und sind mit den Namen der Astronomen George Herbig und Guillermo Haro verbunden, die unabhängig voneinander diese Objekte studierten.
Das erste entdeckte Herbig Haro-Objekt war übrigens der Nebel um den Stern T Tauri, ebenfalls des großen Molekülkomplexes im Sternbild Stier zugehörig. Der Nebel wurde bereits 1852 vom Astronomen John Russel Hind entdeckt und ist als Hinds veränderlicher Nebel bekannt.
Hinds veränderlicher Nebel ist das erste bekannte Herbig Haro-Objekt um den Veränderlichen T Tauri
Neulich erwischte meine Überwachungskamera eine helle Sternschnuppe, die auf 3 Bildern zu sehen war. Die Sternschnuppe war damit mindestens 3 Sekunden am Nachthimmel, weil die Kamera sekündlich ein Bild aufnimmt. Viele Zeugen haben den Feuerball am 29.1.24 um 1:55 Uhr MEZ gesehen. Man kann nur staunen, wer da nachts noch so unterwegs ist. Jedenfalls wurden 6 Meldungen dem Feuerballnetz des Arbeitskreis Meteore geschickt.
Die Zeugen sichteten zum Teil eine mondhelle Erscheinung, die 3,5 Sekunden zu sehen war. Die Auswertung der Berichte ergab eine Leuchtspur, die über der Stadt Trier begann und in der Nähe von Köln endete. Der Meteor legte damit etwa 130 km in 3,5 Sekunden zurück und war mit 37 km/s unterwegs. Die Angaben sind natürlich nicht auf dem Meter genau. Die Beobachter waren ja nicht gut vorbereitet und es waren nur 6 Beobachter.
Auf meinem Video beginnt die Leuchtspur in etwa 20° Höhe , was bei einer Distanz von 226 km (Entfernung zu Trier) auf eine Höhe von 82 km schließen lässt . Die letzte Aufnahme zeigt den Meteor in etwa 12 Grad Höhe. Angenommen, er wäre an dieser Stelle schon in der Nähe von Köln, so wäre der Meteor in ca. 21 km Höhe in den Dunkelflug gegangen. Er wäre vielleicht sogar ein Kandidat für einen kleinen Meteoriten, der dort möglicherweise im Braunkohletagebau gelandet ist.
Am Abend zuvor habe ich einen Feuerball im Nordwesten sehen können. Das war um 21:58 Uhr. Zu dieser Zeit scheinen viele Zeitgenossen ihre letzte Runde um den Block zu drehen, da es 72 Meldungen gab. Dieser Feuerball endete wohl über der Nordsee. Er war wahrscheinlich auch nicht so spektakulär, wie die Feuerkugel gute 4 Stunden später.