Das erste Transneptun-Objekt wurde 1930 entdeckt. Der Bauernsohn Clyde Tombaugh, ein begeisterter Amateurastronom, der seine Leidenschaft zum Job machte, wertete im Jahr 1930 astronomische Aufnahmen des Lowell-Teleskops in Flagstaff/Arizona aus. Er nutzte dabei einen Blinkkomperator, mit dem man 2 Aufnahmen des gleichen Bildfelds, die sinnvollerweise zeitlich versetzt aufgenommen werden, vergleichen kann. Wie ein Daumenkino wurden ihm abwechselnd zwei Aufnahmen gezeigt. Der aufmerksame Junge stieß dabei auf einen springenden Punkt- ein Objekt , das offensichtlich in Bewegung war. Die weitere Untersuchung ergab, dass das Objekt nicht zu den bekannten Objekten des Asteroidengürtels zwischen Mars und Jupiter gehörte. Nein, es war weiter draußen, viel weiter draußen sogar, jenseits der Bahn des Planeten Neptun. Die Nachricht war eine kleine Sensation. Die astronomische Gemeinde feierte die Entdeckung des Planeten Nummer Neun. Der Entdecker war der 25 jährige Bauernjunge Clyde Tombaugh, der die Entdeckung seines Lebens machte. Der Himmelskörper wurde nach dem römischen Gott der Unterwelt Pluto benannt ( oder nach dem Hund Pluto aus Disneys Micky Maus-Geschichten ). Clyde Tombaugh verstarb im Jahr 1997 und so musste er nicht mehr miterleben, wie sein Planet vom Thron gestoßen wurde. Im Jahr 2006 degradierte die Internationale Astronomische Union den Planeten Pluto zum Zwergplaneten Pluto und richtete damit eine neue Klasse von astronomischen Objekten ein. Im selben Jahr startete übrigens die Raumsonde New Horizons, die in Rekordzeit zum Pluto reisen sollte. An Bord der Raumsonde waren 30 Gramm Asche von Clyde Tombaugh, die 2015 den Pluto erreichten.
Warum ist Pluto kein Planet mehr ? Nun ja, die Astronomen hatten in der Zeit seit 1930 mehrere Objekte entdeckt, die ähnliche Eigenschaften hatten, wie Pluto. Und es war zu erwarten, dass bessere Teleskope weitere Objekte finden würden, die vielleicht Pluto übertreffen würden in Sachen Größe,etc. Wie sollte man damit umgehen ? Wollte man ein Sonnensystem, welches jenseits der großen Planeten noch unzählige kleine Planeten in sich barg? So war die Einführung der Klasse der Zwergplaneten eine vernünftige Entscheidung. Leider war man mit dem Pluto sehr streng und er wurde sofort zum größten Vertreter dieser neuen Klasse erklärt. Der US-Astronom Mike Brown ist dabei ein eifriger Sucher nach plutoähnlichen Objekten, sogenannten TNOs. Seine erste Entdeckung war der Zwergplanet Quaoar im Jahr 2002. Es folgten weitere Objekte, wie der Kleinplanet 2002 VR128 , Sedna ,Eris und Orcus im Jahr 2003 und Makemake im Jahr 2005. Eris ist dabei mit einem Durchmesser von 2326 km fast so groß wie Pluto. Er ist der Hauptgrund für die Degradierung von Pluto. Eris ist aber über 2,5 mal weiter von der Erde entfernt als Pluto. Sein Abstand zur Sonne kann zwischen 5,7 Milliarden Kilometer und 14,5 Milliarden Kilometer liegen. Im Moment ist Eris fast an seinem sonnenfernsten Punkt. Somit sind die Bedingungen schlecht, um ihn zu fotografieren. Seine Umlaufzeit um die Sonne dauert 560 Jahre. Für eine gute Aufnahme müsste man also 250 Jahre warten. Soviel Zeit hatte ich nicht. Deswegen richtete ich mein Teleskop (8“Newton) am 3.12.2024 auf Eris, der zu dieser Zeit im Sternbild Walfisch zu finden war. Es reichte eine kurze Wolkenlücke und eine Belichtung von 36 Minuten, um (136199) Eris abzubilden. Eris ist ein sehr weißer Körper, der 96% des empfangenen Lichtes wieder reflektiert. Trotz seine großen Distanz erreicht er eine Helligkeit von 18,6 mag. Das ist für die visuelle Beobachtung nicht zu erreichen.
Der Zwergplanet Eris nach 36 Minuten Belichtungszeit durch ein 8 Zoll Newtonteleskop. Südöstlich findet man die Galaxie LEDA 174107,die mit 17,1 mag Helligkeit angegeben wird. Der Stern unterhalb von Eris ist ein Stern mit einer Helligkeit von 13,79 mag. Links neben Eris findet man ein Sternchen 18.Größenklasse.
Eine mittelgute Amateurausrüstung reicht für die Beobachtung aber aus. Vermutlich ist eine Oberfläche aus Methaneis für das gute Rückstrahlvermögen , die Astronomen sprechen auch vom Albedo, verantwortlich.
Bereits im Frühjahr 2019 verfiel ich dem Gedanken, ein TNO aufzunehmen. Die Qual der Wahl führte mich zu Makemake, den Mike Brown und sein Team im Jahr 2005 entdeckten. Makemake wurde nach dem Schöpfergott der Ureinwohner der Osterinseln benannt. Das Objekt wurde am 31. März 2005 zur Osterzeit entdeckt und bekam den Arbeitsnamen Easter Bunny (Osterhase). So ist der Name Makemake schon gerechtfertigt. Wie gesagt, versuchte ich mich im März 2019 ebenfalls am Osterhasen, also 14 Jahre später. Makemake befand sich zu dieser Zeit im Haar der Berenike und hatte eine Helligkeit von 17 mag. Er war damit 4 mal heller als Eris im Jahr 2024. Damit war Makemake kein schwieriges Objekt. Ich nahm ihn an zwei Tagen auf und konnte die Veränderung der Position gut erkennen. Damit war die Identifikation des Himmelskörpers sehr leicht. Makemake war gute 7,7 Milliarden Kilometer von mir entfernt. Sein Durchmesser ist immerhin ca. 1500 km. Wie Pluto ist er etwas rötlicher als Eris. Sein Albedo beträgt 0,8. Er kann also 80% des Lichtes wieder reflektieren. Die Umlaufbahn um die Sonne führt ihn bis zu 7,9 Milliarden km von der Sonne weg. Im Perihel ist er aber nur 5,5 Milliarden km entfernt. Wir haben ein wenig Pech mit den TNOs. Sie scheinen alle in Sonnenferne zu stehen. Bei Makemake müssen wir fast 308 Jahre für einen Umlauf um die Sonne einkalkulieren. In 150 Jahren ist er also besser zu sehen-eine Aufgabe für unsere Enkelgeneration.
Der Zwergplanet Makemake war bereits Ziel meiner Beobachtung im Jahr 2019. Makemake war mit 17 mag . Der hellste Stern auf der Aufnahme hat die 10. Größenklasse.
Am 14. November entdeckte das Team um Mike Brown den TNO Sedna. Sedna, nach der Meeresgöttin der Inuit benannt, zählte damals zu den größten Objekten, die jenseits des Plutos entdeckt wurden. Die Sedna hat einen Durchmesser von 995km und ist somit kleiner als Eris und Makemake. Ihre exzentrische Bahn führt sie weit in die Tiefe des Weltraums. Sie kann sich 150 Milliarden Kilometer von der Sonne entfernen. Das Licht der Sonne erreicht sie dann erst nach fast 6 Tagen. In Sonnennähe, im Perihel, ist sie nur 11,4 Milliarden Kilometer entfernt. Immerhin wäre das Licht noch 10,5 Stunden unterwegs. Bei Sedna sind wir in der glücklichen Situtation, dass sie in Kürze, im Jahr 2075, das Perihel erreichen wird. Sie ist somit im Moment schon recht nahe. Es trennen uns gerade mal 12 Milliarden Kilometer. Unglücklicherweise ist Sedna sehr dunkel. Ihre rötliche Oberfläche strahlt nur 30% des Lichtes zurück. Somit ist Sedna nur 20,7mag hell. Das ist schon eine kleine Herausforderung für das Amateurteleskop. Am 29. 11.24 und am 30.11.24 nahm ich die Herausforderung an. Der Himmel war an diesen Abenden sehr mäßig. Mit dem Sky Quality Meter erreichte ich gerade mal eine Dunkelheit von 20,4 bis 20,6mag/“2 . Der Himmel war also heller als das Objekt . Wie kann man es dann fotografieren? Man muss ausreichend Belichtungszeit einplanen und hoffen, dass man ausreichend viel Licht auf einem Punkt sammelt, der kleiner als die besagte Quadratbogensekunde ist. Optimal wäre also ein klarer Himmel bei, sagen wir mal 20,8 mag/“2 um bei unseren Möglichkeiten im Münsterland zu bleiben und einem guten Seeing, am besten kleiner oder viel kleiner als 2 Bogensekunden. Nun ja, beides war an den beiden Abenden nicht gegeben. Das Seeing lag auch eher bei 2-3 Bogensekunden. Ich plante dann mal ausreichend Belichtungszeit ein. An beiden Abenden hielt ich das Teleskop vier bis fünf Stunden an die ansonsten unspektakuläre Gegend im Sternbild Stier. Das Ergebnis sollte, nicht überraschend, ein noch unspektakulärer Punkt sein. Die Sedna ist schon nahe an der Grenze des Amateurmöglichen, denke ich. Deswegen lohnt sich der Aufwand.
Die erste Nacht vom 29.11.24 auf den 30.11.24 war ernüchternd. Nicht nur, dass der Himmel recht hell war und das Seeing schlecht war. Zu allem Überfluss zog noch dünne Schleierbewölkung durch. Bei der Untersuchung der Aufnahme stellte ich fest, dass die Suche nach Sedna ebenfalls schwierig war. Es gibt keine guten Referenzaufnahmen , die jenseits der zwanzigsten Größenklasse noch eindeutige Zuordnungen erlauben. Ich nutze für meine Auswertungen deswegen die ALADIN-Applikation, die die DSS2-Fotoplatten verwenden und die Astrometrie-Software Astrometrica. Die frischen Positionsdaten lieferte mir der Ephermeriden-Service des Minor Planet Centers. Die Bilddaten musste ich mir selber liefern. Auf der Aufnahme konnte ich an der Stelle, wo sich Sedna aufhalten sollte, nur eine Unregelmäßigkeit knapp über dem Bildrauschen erkennen. Jeder Statistiker hätte mich nicht mehr ernst genommen, wenn ich das Etwas als Signal betitelt hätte. Aber das Etwas musste Sedna sein, aufgenommen mit einem Achtzoll-Teleskop und einer gekühlten CMOS-Kamera.
Der nächste Abend war vielversprechender Die Helligkeit des Himmels war mit 20,6mag/“2 nur mittelmäßig. Lag es an der vielen Weihnachtsbeleuchtung, die überall schon installiert ist? Das Seeing war etwas besser als am Abend zuvor, also die üblichen 2 Bogensekunden. Aber es zogen keine Wolken durch. Wieder war das Teleskop vier Stunden auf Sedna gerichtet. Wieder wurde die Auswertung mit dem DSS2 und Astrometrica durchgeführt. Die zweite Nacht hatte sich gelohnt. Sedna war tatsächlich zu erkennen, wenn auch nicht gut. Der Vergleich der beiden Aufnahmen zeigt aber, dass die Aufhellungen auf den Aufnahmen, die Sedna darstellen sollten, nicht an den gleichen Orten waren. Sedna wandert nämlich mit 35 Bogensekunden pro Tag in westliche Richtung. Der Abstände der beiden Aufhellungen entsprachen ebenfalls der erwarteten Distanz. Sedna ist übrigens während der Belichtungszeit 6 Bogensekunden weitergewandert. In meiner Aufnahmekonstellation sind das immerhin 3 Pixel. Längere Belichtungszeiten würden in diesem Fall nicht unbedingt zu besseren Ergebnissen führen. Es besteht allerdings die Möglichkeit, die Aufnahmen auf die Bewegung des Zwergplaneten zu addieren oder zu stacken, wie es der Astrofotograf sagt. Astrometrica bietet diese Möglichkeit. Mein alter Rechner leider nicht. Zumindest stürzte das Programm ab beim Versuch 89 Aufnahmen aufeinander zu stacken… Schade.
Aber man möchte ja auch noch Zukunftsprojekte haben. Die Beschäftigung mit Segna ist trotz der vielleicht nicht so farbenprächtigen Bildausbeute sehr lohnenswert. Extreme Objekte zeichnen sich nicht nur dadurch aus, dass man sie extrem lange belichten muss. In den astronomischen Foren kursieren Bilder, deren Belichtungszeit 100 Stunden und mehr andauerten. Kleinplaneten und auch Zwergplaneten hingegen fordern neben der Belichtungszeit und einer verlässlichen Ausrüstung noch bestimmte Bedingungen an die Himmelsqualität. Vermutlich werden mir in Zukunft eindeutigere Bilder mit kürzerer Belichtungszeit von Segna gelingen können. Der Himmel muss nur ausreichend dunkel sein. Da reichen 0,2 bis 0,3 mag mehr schon aus. Das Seeing, also die Beeinträchtigung der Bildschärfe durch die Luftunruhe, sollte kleiner als 2 Bogensekunden liegen. Das wäre sehr hilfreich, aber eher selten.
Die Profiastronomen sind da schon weiter. Das entfernteste bekannte Objekt , Stand heute (Dezember 2024) ist der TNO 2018 AG37, der den Spitznamen Farfarout erhielt. Er löste den TNO 2018 VG18 , der als Farout unterwegs ist , ab. Diese Objekte sind noch 30 bis 40 Mal lichtschwächer mit einer scheinbaren Helligkeit von 25 Magnituden und weniger. Sie sind jenseits von 20 Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt unterwegs. Das sind Amateurprojekte unserer Enkelgeneration, für die Sedna eine leichte Herausforderung ist.
Zugegeben, es ist kein leichtes Unterfangen, die Segna auf diesem Komposit von zwei Aufnahmen, die 4,75 und 4 Stunden durch ein 8“ Teleskop belichtet wurde. Der Stern unterhalb von Segna hat immerhin die Helligkeit von 19,5 mag. Segna ist nur 20,7 mag hell. Oberhalb von Segna sieht man eine anonyme Galaxie, die als Infrarotquelle im WISEA-Katalog zu finden ist Wenige Bogensekunden östlich davon findet man ebenfalls entfernte Galaxien, die nur als Infrarotquelle verzeichnet werden.
Der vergrößerte Ausschnitt zeigt innerhalb der grünen Markierung die Segna. Das cyanfarbene Quadrat markiert die berechnete Position von Segna durch Astrometrica. Die Datei MCORB war leider nicht aktuell. Deswegen kommt es zur Abweichung. Unterhalb ist der Stern 19,5mag Größe zu erkennen.
Zur Identifikation nutzte ich die Aufnahmen des DSS2 . Eingetragen habe ich die IR-Galaxien und den 19,5mag-Stern unterhalb von Segna. Die Position von Segna am 30.11.24 habe ich mit dem Kreuz markiert. Am Tag vorher war er 6 Bogensekunden östlich.